Ort: Radeburg
geboren: 1858
Tod: 1929
Biographie:
Heinrich Rudolf Zille war ein deutscher Grafiker, Maler und Fotograf. In seiner Kunst bevorzugte der Pinselheinrich genannte Zille Themen aus dem Berliner Volksleben, das er ebenso lokalpatriotisch wie sozialkritisch darstellte.
Heinrich Zille war Sohn des Uhrmachers Johann Traugott Zille und dessen Ehefrau Ernestine Louise, geb. Heinitz, einer Bergmannstochter aus dem Erzgebirge. Dass der Vater zuvor als Grobschmied tätig gewesen sein soll, wurde erstmals 15 Jahre nach dessen Tod behauptet. Als Grund kann gelten, dass Heinrich Zille als Zeichner aus dem Volk etabliert werden sollte, wofür sich allerdings weder sein eigener Beruf Lithograf noch der seines Vaters eignete, die beide eher mit dem Kleinbürgertum assoziiert werden. Dass die Behauptung falsch ist, wird durch Urkunden belegt. Die südafrikanische Politikerin Helen Zille behauptet eine Verwandtschaft mit Heinrich Zilles väterlicher Familie. Heinrich Zille wurde in der sächsischen Kleinstadt Radeburg (bei Dresden) in einem Hintergebäude des heutigen Hauses Markt 11 geboren, an dem eine Gedenktafel an ihn erinnert. Nach seiner Geburt brannte im selben Jahr die nördliche Marktseite ab, und die Zilles zogen in das damalige Gasthaus „Stadt Leipzig“ um, heute Heinrich-Zille-Straße 1. Dort lebte Heinrich Zille bis zu seinem dritten Lebensjahr.
Der Vater erwarb im September 1861 für 5000 Taler ein Grundstück in Dresden und zog mit seiner Familie dorthin. Eineinhalb Jahre später wurde das Anwesen mit einem Gewinn von 600 Talern weiter verkauft. Für die Zeit danach lässt sich die Familie unter vier Adressen in der sächsischen Landeshauptstadt nachweisen. Als im Sommer 1868 die zweimal jährlich anfallenden Bürgersteuern ausblieben, wurden die Behörden auf den Wegzug der Familie aufmerksam. Sie wohnte inzwischen in Berlin und zwar bis zu Heinrichs 14. Lebensjahr unter ärmlichen Bedingungen in einer Kellerwohnung in der Kleinen Andreasstraße 17, nahe dem Schlesischen Bahnhof. Heinrich Zille verdiente durch Austragen von Milch, Brötchen und Zeitungen und andere Gepäckträger- und Botendienste Geld hinzu.
Zille war von den Stichen William Hogarths beeindruckt, die er in Pfennigmagazinen entdeckt hatte. Auf der Schule begann er Zeichenunterricht zu nehmen; für die Kosten musste er selbst aufkommen. Sein privater Zeichenlehrer Anton Spanner ermunterte ihn bei einem Gespräch über seinen Berufswunsch, er solle doch Lithograf werden: "Wenn du Lithograph wirst, sitzt du gut angezogen mit Kragen und Schlips in der Stube. Du schwitzt nicht und bekommst keine dreckigen Hände. Was willst Du noch mehr?" Nach dem Willen seines Vaters sollte Zille ursprünglich Metzger werden, er konnte jedoch kein Blut sehen, also ging er bei dem Steinzeichner Fritz Hecht an der Alten Jakobstraße in die Lehre.
Parallel nahm Heinrich Zille Studien bei dem Maler, Illustrator und Karikaturisten Professor Theodor Hosemann an der Königlichen Kunstschule auf. Hosemann war ein humorvoller und präziser künstlerischer Beobachter des Altberliner Kleinbürgers und Spießers. Hosemann gab dem Schüler Zille den Rat mit auf den Weg: „Gehen Sie lieber auf die Straße hinaus, ins Freie, beobachten Sie selber, das ist besser, als wenn Sie mich kopieren. Ohne Künstler werden zu wollen, können Sie Zeichnen im Leben immer gebrauchen; ohne Zeichnen zu können, sollte kein denkender Mensch sein.“
Nach Abschluss der Studien arbeitete Zille ab 1875 zunächst in verschiedenen Betrieben: er zeichnete Damenmoden, Muster für Beleuchtungskörper, Kitsch- und Werbemotive und porträtierte zu seinem Vergnügen oder gegen einen Obolus Arbeitskollegen. Weiteres berufliches Rüstzeug erhielt Zille in der Lithografieanstalt „Winckelmann & Söhne“, wo er als Geselle verschiedene grafischen Techniken kennenlernte: Buntdruck, Zinkografie, die Herstellung von Klischees, Retusche, Ätzradierung und schließlich Lichtdruck und Photogravur. Bei Winckelmann arbeitete Zille mit den späteren Tiermalern Oskar Frenzel und Richard Friese zusammen. Am 1. Oktober 1877 bekam er eine Anstellung als Geselle bei der „Photographischen Gesellschaft Berlin“ am Dönhoffplatz, bei der er dreißig Jahre lang, mit Unterbrechung durch den Militärdienst, beschäftigt bleiben sollte. Da die Drucktechnik um die Jahrhundertwende noch in den Anfängen steckte und es noch keinen vollkommenen Bilderdruck auf der Buchdruckpresse gab – die Autotypie war gerade 1880 entwickelt worden –, fertigten die Retuscheure von den Originalen fotografische Aufnahmen an, welche in Kleinarbeit mit den Retuschierwerkzeugen korrigiert wurden.
Von 1880 bis 1882 absolvierte Zille seine Militärdienstzeit als Grenadier beim Leib-Grenadier-Regiment, erstes Brandenburgisches Nr. 8, in Frankfurt (Oder) und als Wachsoldat im Zuchthaus Sonnenburg (heute Słońsk). Für Zille waren diese Jahre eine unliebsame Erfahrung, die er während seiner freien Zeit in zahlreichen Notizen und Skizzen festhielt. Einmal notierte er: „Wir wurden verteilt in die Kompanien, kam man in die Stuben, die Wanzen lauerten schon. In den Betten zerlegenes Müll, Häcksel als Stroh. Schlechtes Essen. Dafür täglich von den Offizieren mit einer Kloake von Kasernenhofblüten und Witzen besudelt. Es diente mit zur Mannschaftsausbildung, dass so ein Laffe von Leutnant sonntags vormittags, bei der Spindrevision, auf das Bild meiner Liebsten, das auf der inneren Seite der Tür befestigt war, zeigen durfte mit der höhnischen Frage: ‚Ihre Sau?‘“
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